Bruch mit Traditionen

Zum zweiten Mal lud Spirit Gaming Casino-Professionals zu Information und Gedankenaustausch auf Kloster Möllenbeck bei Rinteln. Die ungewöhnliche Location, ein dichtes Programm und ein gut besetztes Auditorium garantierten ein qualifiziertes Meeting.

Es hatte sich wohl rumgesprochen, dass Frank Ziegler im letzten Jahr ein kleines aber feines Event an einer außergewöhnlichen Location auf die Beine gestellt hatte. Schließlich treffen sich Casino-Profis normalerweise auf Messen – aber nicht im Schatten einer mittelalterlichen Klosterkirche. Genau dahin hatte der Chef von Spirit Gaming im vergangenen Jahr eingeladen, „weil ja alle Messen und andere Business-Events ausgefallen waren”. Und als er jetzt zum zweiten Mal zum Treffen im Kloster Möllenbeck bei Rinteln einlud, meldeten sich mal eben doppelt so viele Teilnehmer wie 2021.

Neue Impulse

Ziegler hat augenscheinlich zum zweiten Mal den richtigen Nerv getroffen. Es besteht ganz offensichtlich hoher Gesprächs- und vor allem auch Informationsbedarf auf dem deutschsprachigen Casino-Sektor. Durch Corona wurde so manche geschäftliche Tradition auf den Prüfstand gestellt. Und die sich abzeichnende Wirtschaftskrise stellt nochmal völlig neue Herausforderungen. Wie alle anderen Branchen auch, kannten die Casinos in der letzten Dekade eigentlich nur ein Aufwärts. Neuorientierung in einem schwierigen Umfeld ist also gefragt. „Der Markt braucht neue Impulse”, sagt Ziegler. Diese Impulse setzte die Veranstaltung „Neuheiten & Trends 2022” auf der einen Seite mit einer Ausstellung von Casino-Equipment, die von Slotmachines über elektronisches Table-Game bis zu Geldverarbeitung und Event-Übertragung via Großdisplay eine erstaunlich abwechslungsreiche Breite bot. Und dazu gab es ein dichtes Programm an Referaten und Diskussionen. Die Spanne der Themen reichte von der Firmen[1]und Produktvorstellung bis hin zum Überblick über die aktuelle Lage auf dem globalen Casino-Markt. Und natürlich ging es um die Trends, die die Zukunft bestimmen werden.

Begrenzt zukunftsfähig

Den sicher markantesten Auftritt in Sachen Trends legte Manouck Kwakernaat hin, ihres Zeichens jahrelang Croupier bei Holland Casinos und inzwischen selbstständige Trainerin und Coach für Casino-Personal. Ihre umwerfend offene Feststellung, dass der „größte Teil der Casino-Stammgäste von heute in 20 Jahren nicht mehr auf diesem Planeten weilen werden”, sorgte erstens für Raunen im Auditorium, wird zweitens so schnell nicht vergessen und wirft drittens ein Schlaglicht auf die Altersstruktur in den Casinos, die offensichtlich nur begrenzt zukunftsträchtig ist. Dass ein junges Publikum angesprochen werden muss, darüber besteht Einigkeit. Ein mittlerweile international bewährtes Rezept von Kwakernaat – die Interblock Pulse Arena oder Stadium Konzepte–, sind zumindest aus deutscher Perspektive ein „Bruch mit den Traditionen”, wie auch Frank Ziegler meinte. Croupiers lösen sich in diesem Konzept aus ihrer Funktion des Spielmachers und Überwachers. Sie werden zu direkten Ansprechpartnern der Spieler und zum Animateur. Das Geschehen, demonstriert per Video, gleicht einem House-Event an elektronischen Spielterminals. Von klassischer Casino-Atmosphäre bleibt da nicht viel. Einige Installationen gibt es mittlerweile auch in Deutschland.

Neue Wege

Allerdings sind solche Konzepte nicht der einzige Königsweg zu jungem Publikum. Es gibt offenbar durchaus auch eine junge Klientel, die gerade die klassische Casino-Atmosphäre sucht, weil sie sich von anderen Locations sehr unterscheidet. Und auch das Live-Spiel ist wohl noch nicht ausgereizt. Mit sogenannten Side-Bets kommt noch mehr Abwechslung ins Spiel. Jackpots bei Poker und Black-Jack-Angeboten sorgen für den gleichen Effekt. Einigkeit in der Diskussion gab es darüber, dass man um neue Wege nicht herumkomme. Das gilt umso mehr, als dass natürlich auch das Online-Spiel nicht ohne Einflüsse auf das Casino-Spiel bleibt. „Das Internet ist die Welt unserer Kinder”, formulierte es Patrick Magendans von TCS Huxley. „Das geht nicht mehr weg. Es wird im Gegenteil immer stärker. Wir müssen für die Verbindung von terrestrischem Casino und dem Online-Spiel sorgen.” Eines der wichtigsten Instrumente dafür dürfte das Handy werden, wie Thomas Bone von der Gauselmann Gruppe erläuterte. Der CEO der Merkur Online Divisions (B2B) zeigte Möglichkeiten zur Integration von möglichst allen Glücksspielformen auf einer Plattform auf. Mit „Omnichannel” gibt es dafür einen Namen, mit Paylado auch eine innovative Bezahlfunktion im Portfolio, mit der man Bargeld in Einsätze verwandeln kann.

Personal verzweifelt gesucht

Allerdings galt es auch, sich mit der Gegenwart auseinanderzusetzen. Und dabei zeigte es sich, dass auch die Casino-Branche weltweit mit all jenen Problemen kämpft, die auch andere Branchen beuteln. Vor allem ist es die Personalknappheit, die auch bei den Casinos den Betrieb streckenweise immer schwieriger macht. In allen Bereichen fehlen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – vom Croupier über den Techniker bis zur Servicekraft für die gastronomischen Bereiche. Bei der Veranstaltung war man sich einig, dass diese Entwicklung den Automatisierungsgrad und Trend zu ETG (Elektronischen Tischspielen) in den Casinos erhöht. Zu den Slotmachines müsse zwangsläufig immer mehr elektronisches Table-Game kommen. Elektronisches Spiel würde einerseits die Personalsituation entspannen. Und andererseits könne man das Spiel zu deutlich günstigeren Mindesteinsätzen anbieten als das Live-Game. Inzwischen gibt es sogar das hochkomplexe Craps in elektronischer Version. Mehr automatisiertes Spiel ist offensichtlich ein Trend. Eines wurde bei den beiden Tagen bei Spirit Gaming besonders deutlich: Die CasinoBranche schaut über ihr traditionelles Angebot hinaus. Ausbau des Spielangebots, jüngere Kundenansprache und energische Digitalisierung sind die Aufgaben, die vor den Casinos stehen. Corona hat viel Zeit zum Nachdenken gegeben. Jetzt ist die Zeit zum Handeln, war die Stimmung bei dem Meeting.

Quelle: Magazin: „Games & Business“

Gespeichert von Pauline Ziegler am